Zwischen Fairway und Fuchsbau

Golfplätze

Noch vor wenigen Jahrzehnten hätte man Naturschützer und Golfspieler wohl kaum auf derselben Wiese vermutet – zu unterschiedlich schienen ihre Interessen. Der elitäre Ruf des Golfsports passte gefühlt nicht zu den Zielen von Umweltaktivisten

Für viele Naturschützer waren Golfplätze intensiv genutzte Landschaft, die den seltenen Arten kaum einen geeigneten Lebensraum bieten konnten. Für den Golfer dagegen war der Golfplatz Natur pur. Die Fronten waren nicht selten verhärtet. Der Wandel der Zeiten hat aber auch hier die Klischees bröckeln lassen. Heutzutage arbeiten Golfplatzbetreiber und Naturschützer regional erfolgreich zusammen. Im Jahr 2005 initiierte das Bundesamt für Naturschutz gemeinsam mit dem Deutschen Golf Verband (DGV) das speziell auf den Golfbereich zugeschnittene Umweltprogramm „Golf und Natur“. Dieses entwickelte sich seither zu einem bedeutenden Instrument für eine langfristige, ökologisch verantwortungsvolle Pflege und Planung von Golfanlagen. Das Programm verfolgt das Ziel, Golfanlagen nicht nur nach hohen Qualitätsstandards zu betreiben, sondern zugleich ökologisch nachhaltig zu entwickeln – und bringt damit Umweltaspekte und professionelle Platzpflege gezielt in Einklang. Immer mehr heimische Wildtiere wie Biber, Wolf und Elch kehren laut NABU Brandenburg zurück. Die Bedeutung des Schutzes von kleineren Tieren und seltenen Pflanzen hat ebenfalls zugenommen.

Naturschutz auf dem Fairway
Lavendel sieht immer schön aus und lockt Bienen und Schmetterlinge an

kleinen Gewässern, oftmals auch Streuobstwiesen und Buschwerk – alles, Lebensräume für Flora und Fauna. Die natürlichen Landschaftsteile von Golfanlagen machen in der Regel drei Viertel einer Golfanlage aus, die nicht für den Spielbetrieb benötigt werden. Ringelnattern und gepflegte Fairways Nirgendwo sonst in Deutschland findet sich eine derartige Ballung von Spitzen-Anlagen wie in Berlin-Brandenburg. In keiner anderen Region haben ähnlich viele international renommierte Designer die Chance nach der Wiedervereinigung genutzt und erstklassige Anlagen geschaffen. Gleichzeitig ermöglichte die Standortentscheidung im Außenraum Berlins oftmals außergewöhnlich große Flächen. Hier sind aus intensiv genützten Weizenfeldern oder anderen landwirtschaftlichen Bereichen über die Jahre Naturflächen gewachsen, die wesentlich zur Steigerung der Biodiversität beitragen. Wer heute etwa den Golf- und Country Club Seddiner See besucht, trifft nicht nur auf gepflegte Fairways, sondern auch auf Ringelnattern – eine besonders geschützte Art, die sich dort heimisch fühlt. Auf vielen Brandenburger Golfplätzen mit Gewässern lassen sich nicht nur seltene Greifvögel wie See-, Fisch- und Schreiadler beobachten – auch Wildtiere wie Hirsche, Wildschweine und Füchse sind dort regelmäßig unterwegs. Streuobstwiesen gehören inzwischen ebenfalls zum klassischen Bestand auf Golfanlagen in Berlin-Brandenburg. Dabei setzen die Golfanlagen ebenso wie bei der Kooperation mit Imkern auch auf die Wiederverwertung der Produkte auf der eigenen Anlage. Der eigene Golfplatz-Honig ist bereits auf zehn Golfanlagen Berlin- Brandenburgs im Angebot und kommt bei den Mitgliedern gut an. In immer mehr Fällen arbeiten die Betreiber von Golfanlagen mit Naturschutzorganisationen zusammen. Dies reicht von der Unterstützung einzelner Tierarten bis zu Aktionen zur Förderung der Umweltbildung. Letztere betreibt zum Beispiel der GC Stolper Heide mit einem Lehrpfad rund um die Golfanlage. Aber auch das Grüne Klassenzimmer des Märkischen GC Potsdam fällt in diesen Bereich. In den meisten Fällen reicht eine Exkursion über den Platz, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie das Zusammenspiel aus den Golfspielern und der Natur in ihrer Umgebung funktioniert. Im Potsdamer Golfclub in Ketzin zum Beispiel existiert ein Grabensystem aus dem Rücklauf der Havel, das die Anlage umschließt. Brutvögel sind hier ungestört. An die Golfer, die ab und an auf den Fairways vorbeikommen, haben sie sich längst gewöhnt. „Außerdem haben wir hier das sogenannte Vorketzin, Feuchtflächen, die das Wasser länger halten“, erklärt Claudia Jörg vom NABU Osthavelland. Damit, so die Storchenexpertin, ergeben sich gute Nahrungsbedingungen für Weißstörche, die hier seit 2010 Jahren angesiedelt sind. Ein Kranichpaar hat hier seinen Platz gefunden. Zu sehen sind die Vögel im dichten Grün abseits der Bahnen selten – aber gut zu hören. Den Reiz eines Golfplatzes haben sie längst für sich entdeckt. „Die Kooperation läuft sehr gut“, erklärt Clubmanager Thomas Kolb, der über die Expertise des NABU froh ist. Mit der kontinuierlichen Betreuung durch die Storchen-Beauftragte könne der Club auch jederzeit reagieren, wenn das Storchennest angepasst werden müsse. 2018 zum Beispiel wurde es versetzt, um nach einer Baumaßnahme auch weiterhin den perfekten Lebensraum zu bieten. Alte Bäume und Fledermäuse am Wannsee Man sieht sie kaum – und doch ist die Fledermaus ein wesentlicher Bestandteil des Golf- und Land-Club Berlin- Wannsee. Auf der Berliner Traditionsanlage mit 27 Löchern fühlen sich Fledermäuse besonders wohl. Der Grund für die Beliebtheit des rund 60 Hektar großen Areals ist der auffallende Baumbestand, der auch in einem Baumkataster festgehalten wird. Dabei wurden 3 542 Einzelbäume und 29 Baumgruppen aufgenommen. Der hohe Baumbestand ist prägend für den Golfplatz. Es gibt mehr als 150 Bäume mit einem Alter von mehr als 100 Jahren, die für die Fledermausarten, aber auch für zahlreiche Vögel als Brutquartiere und Lebensraum attraktiv sind. Golfsport und Naturschutz galten lange als unvereinbar. Das hat sich geändert. Immer mehr Golfplätze sind sorgsam durchdachte Naturanlagen, auf denen beide Seiten gewinnen: Die Spieler, indem sie noch mehr pure, artenreiche Natur erleben – und die Natur, in dem sie Raum und Schutz bekommt.

Steffen Dobrusskin

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