Im Jazz geht es darum, einander zuzuhören

In seinem neuen Album Sonic River stellt Meinhart eine Verbindung von Musik und Wasser her.
Interview mit Saxofonist Tobias Meinhart

Tobias Meinhart zählt zu den wenigen deutschen Jazzmusikern, die sich in den USA einen Namen gemacht haben. Mit seinem aktuellen Projekt „Berlin People“ kehrt er nun nach Deutschland zurück – für eine fünftägige Konzertreihe im legendären A-Trane, begleitet von seiner Band Berlin People und dem renommierten Gitarristen Kurt Rosenwinkel. In seinem neuen Album Sonic River stellt der Saxofonist und Komponist eine Verbindung von Musik und Wasser her. 
 

Tobias Meinhart mit Band Berlin People (Ludwig Hornung am Klavier, Tom Berkmann am Bass und Matthias Ruppnig am Schlagzeug)

Du gehörst zu den wenigen deutschen Jazzmusikern, die regelmäßig in New York City auftreten und dort sogar ein zweites Zuhause gefunden haben. Was bedeutet es dir, New York nicht nur als musikalischen Sehnsuchtsort zu erleben, sondern tatsächlich Teil der dortigen Jazz-Szene geworden zu sein?

Ich bin vor 16 Jahren nach New York gezogen, um bei meinen Idolen Jazz zu studieren. Die Stadt hat mich sofort fasziniert und nie wieder losgelassen. Es ist ein hartes Pflaster mit enorm viel Konkurrenz – aber genau das hat mich immer motiviert und angespornt. Ich habe mal gelesen, dass es in New York rund 20.000 Saxophonisten gibt. Sich da zu behaupten und regelmäßig in Clubs wie dem Blue Note, Smalls oder Birdland zu spielen, bedeutet mir sehr viel.
New York und Berlin haben für mich viele Gemeinsamkeiten – beide Städte haben eine hohe Dichte an exzellenten Musikern und Musikerinnen und ein riesiges Kulturangebot. Nicht umsonst gilt Berlin für viele als das „New York Europas“.

Woher kommt deine Liebe zum Jazz?

Durch meinen Großvater. Er war klassischer Kontrabassist und hat nach dem Krieg durch die Amerikaner Jazz kennengelernt. „You music?“ – haben sie ihn gefragt. „Then come with us!“
Musik hat eine unglaubliche Verbindungskraft – sie kann Generationen und Menschen unterschiedlichster Herkunft zusammenbringen. Besonders im Jazz geht es darum, einander zuzuhören, spontan zu reagieren und gemeinsam etwas im Moment entstehen zu lassen. Auch das Publikum ist dabei ein Teil – jede Show hat ihre eigene Energie.

Jazz gilt heute teils als elitäre Nischenkunst. Wie erlebst du die Reaktionen auf deine Musik – und was bedeutet Jazz für ein Publikum von heute?

Ich nehme das gar nicht so wahr. Wenn überhaupt, dann sind das Klischees von Menschen, die noch nie auf einem Jazzkonzert waren. Gerade in Städten wie Berlin oder New York sind die Clubs voll – es eröffnen sogar neue, und viele junge Leute entdecken Jazz ganz neu für sich.
Ich sehe das auch als Gegenbewegung zur digitalen Welt: Wir verbringen so viele Stunden vor Bildschirmen, da wächst die Sehnsucht nach echten, analogen Erlebnissen. Ein Jazzkonzert ist genau das – ein Moment, den man gemeinsam erlebt und der nicht wiederholbar ist.

Was erwartet das Publikum im A-Trane an den fünf Abenden mit dir, deiner Band und Kurt Rosenwinkel?

Ein hautnahes, intensives Konzerterlebnis, bei dem man miterlebt, wie Musik im Moment entsteht – improvisiert, im Dialog mit dem Publikum. Unsere Musik ist energetischer, urbaner Modern Jazz mit Einflüssen aus verschiedensten Stilrichtungen. Und natürlich ist es etwas ganz Besonderes, einen internationalen Star wie Kurt Rosenwinkel auf so einer intimen Bühne wie dem A-Trane zu erleben. Man spürt jeden Ton, jede Reaktion – das ist Live-Musik pur.

Dein Album Sonic River erzählt von deiner tiefen Verbindung zum Wasser, besonders zu Flüssen…

Ja, Wasser spielt für mich eine große Rolle – im Alltag und in der Musik. Ich wohne in New York direkt am Hudson River, überquere ihn fast täglich. Viele Stücke sind aber auch in meiner Heimat Regensburg entstanden, durch die die Donau fließt, oder in Berlin an der Spree.
Das Album ist inspiriert vom „Flow“-Gefühl – diesem Zustand, in dem man völlig in einer Tätigkeit versinkt und das Zeitgefühl verliert. So geht’s mir beim Sport, beim Lesen – und ganz besonders auf der Bühne.

Welche kommenden Konzerte sind in Berlin oder anderen Städten Deutschlands geplant?

Vom 5. bis 9. August spielen wir jeden Abend im A-Trane in Berlin. Im Oktober folgt eine Europatour mit Konzerten in Hamburg, Frankfurt, Regensburg, Düsseldorf – und nochmal Berlin. Ich freue mich sehr, mit dieser Musik auch wieder in meiner Heimat unterwegs zu sein.

Danke für das Gespräch.

Ina Hegenberger

5. bis 9. August
JazzClub A-Trane
Bleibtreustraße 1
10625 Berlin

Beginn: jeweils 20:30 Uhr
Tickets: Frühzeitig reservieren empfohlen – begrenzte Plätze!

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