Mehr als dreißig Jahre lang war der Österreicher Josef Frank Chef-Designer für die in Stockholm ansässige Firma Svenskt Tenn und dort für eine Vielfalt an Möbeln, Stoffe, Tapeten verantwortlich. Er war Architekt und Gründungsmitglied des Wiener Werkbundes, plante Villen und Siedlungsbauten und arbeitete als Professor an der Kunstgewerbeschule.
In Stockholms schönster Wasserlage, dort wo die alten Boote in die Schären starten, befindet sich das schwedische Einrichtungshaus Svenskt Tenn am Strandvägen Hof. Das Designerunternehmen und heutige Stiftung ist ein Mekka für Menschen, die gerne schön wohnen, liebevoll den Tisch decken oder sich einfach nur inspirieren lassen wollen für ihr eigenes Heim. Für solche Stockholm-Besucher ist das Haus ein Muss. Die Fenster in Kniehöhe gleichen Guckkästen, die magisch anziehen. Man schaut in farbenfrohe Lebenswelten, sieht opulente Sofas im Blütendesign, Lampen wie Stimmungsaufheller und jede Menge Accessoires. Nichts wie rein! Svenskt Tenn wurde vor 100 Jahren von der ehemaligen Zeichenlehrerin und späteren Gestalterin Estrid Ericson (1894-1981) gegründet. Ihre gefältelten Deckenleuchten gibt es noch. Entscheidend für den Erfolg war allerdings, dass der österreichische Architekt Josef Frank (1885-1967), aus Wien kommend, 1934 ihr Designpartner wurde. Befreundet waren die beiden längst. Franks unverwechselbare Stoffdessins in plakativen Farben mit den von der Natur inspirierten Mustern wie Tulpen, Vögeln oder Landschaften, von denen noch etliche unveröffentlicht im Archiv warten, sowie seine handwerklichen Lampen und Möbel prägen das Haus bis heute. Eine Ausstellung im Liljevalchs Kunstmuseum feiert die Einzigartigkeit des Unternehmens und besonders die unverwechselbaren Arbeiten von Josef Frank.
Josef Frank wurde 1885 in Baden bei Wien geboren. Er war Architekt und Gründungsmitglied des Wiener Werkbundes. Er plante Villen und Siedlungsbauten und arbeitete als Professor an der Kunstgewerbeschule. 1925 gründete er das Einrichtungshaus „Haus & Garten“. Auf Einladung von Ludwig Mies van der Rohe schuf er noch 1927 die Stuttgarter „Weissenhofsiedlung“ mit.
Als Jude mit seiner ebenfalls jüdischen schwedischen Frau fühlte er sich mehr und mehr bedrängt wegen des auch in Wien zunehmenden antisemitischen Klimas, weshalb er 1933 nach Stockholm emigrierte und dort fortan bis auf die Jahre 1942-46 in New York sowohl als Architekt als auch als Designpartner mit Estrid Ericson zusammen arbeitete. Das katapultierte ihr Einrichtungshaus Svenskt Tenn nach vorne.
Bis heute gilt Svenskt Tenn als perfekter Ort für zeitloses Design mit seiner Mischung aus Alt und Neu, das Josef Franks Stil in verschiedenen Farben und Mustern zelebriert. Jedes Jahr wieder werden die Klassiker Franks, seine Formen, Farben, unverwechselbaren Stoffe, Möbel und Lampen von jungen Designern neu interpretiert und bei Svenskt Tenn zelebriert und verkauft. Josef Franks Arrangements haben viel Heiteres und Zusammengewürfeltes, wie sich auch die Generation der Zwanziger heute gern einrichtet. Bei Svenskt Tenn kann man durch eine Glaswand auch das Atelier von Estrid Ericson bestaunen. Auch auf Stockholms malerischer Insel Lindingö im Millesgården Museum, dem einstigen Wohnort des Bildhauers Carl Milles und seiner Frau Olga, kann man ein komplett von Josef Frank und Estrid Ericsson eingerichtetes Zimmer anschauen. Wer in Wien ist, kann mehr über Josef Frank erfahren. Das Möbelmuseum ist so ein Ort. Dort im Hofmobiliendepot stehen Originale seiner Möbelkunst. Ein hochbeiniger Damenwäscheschrank, ein Kabinettschrank mit schon verblasster floraler Bespannung, ein Armlehnstuhl und andere. Ein wenig abgeliebt sind sie und doch immer noch schön. Josef Franks Design drängt sich niemals auf. Es ist reines Handwerk, stellt sich nicht keck zur Schau und dient immer den Bedürfnissen der Bewohner. Das macht es zum Evergreen und unvergänglich.
Architektur- und Bauhausinteressierte können natürlich auch zu seinen Wiener Häusern pilgern. Die klaren und funktionalen Formen der Architektur vertragen sich bestens mit den ausschweifenden bunten Sofas und den mit Blütenstoff bezogenen Lampen. Josef Frank brillierte in Wien hauptsächlich als Architekt, und in Stockholm ist er am ehesten als Designer berühmt geworden. Dabei war er immer beides. Er war ein Meister zweier Welten, und heute gibt es kaum eine schwedische Wohnung, in der nicht ein Teil von ihm zuhause ist. Nicht zufällig findet man im gediegenen Hotel „Et Hem“ (das Heim) einige seiner Exponate. Kulturelles ist in vielerlei Hinsicht ein Teil jeder Städtereise. Die einen lieben Kunst, die anderen Restaurants, Gärten oder Kunsthandwerk. Einkaufen auf fremdem Terrain macht sowieso besonders viel Spaß. Ein Fokus kann da nicht schaden. Josef Frank starb 1967. Kurz bevor Estrid Ericson 1981 ging, war sie noch vom schwedischen König ausgezeichnet worden. Svenskt Tenn hatte sie da längst in eine Stiftung umgewandelt.Die bewahrt und führt den Schatz ihrer Gründerin und ihres Best Sellers Josef Frank mit Bedacht fort. Josef Frank kennt in Schweden fast jeder. Für Besucher kann er eine Entdeckung sein.