Lygia Clark. Retrospektive

Lygia Clark, 1960er-Jahre
Kunst zum Mitmachen
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Die Neue Nationalgalerie zeigt die erste Retrospektive der brasilianischen Künstlerin Lygia Clark (1920–1988) in Deutschland. Die umfassende Schau in der oberen Ausstellungshalle präsentiert mit rund 120 Kunstwerken ihr gesamtes künstlerisches Schaffen von den späten 1940er- bis 1980er-Jahren, von geometrisch-abstrakten Gemälden über partizipativ angelegte Skulpturen bis hin zu performativen Arbeiten. Ein zentraler Aspekt der Ausstellung liegt auf dem interaktiven Ansatz in Clarks Werk. So können die Besuchenden mit einer Vielzahl von eigens angefertigten Repliken interagieren.

Lygia Clark gilt als radikale Erneuerin des Kunstbegriffs. Sie revolutionierte das Verhältnis zwischen Kunstschaffenden, Betrachtern und dem Werk selbst, indem sie die Grenzen zwischen ihnen auflöste. Als prägende Stimme des Neoconcretismo, einer 1959 in Rio de Janeiro entstandenen Bewegung, verstand sie Kunst als organisches Phänomen und setzte auf eine subjektive, körperbezogene sowie sinnliche Erfahrung.
Ein zentraler Aspekt ihrer Arbeit ist die aktive Beteiligung des Publikums, dass sie zu einem wesentlichen Element ihrer Kunst machte. Die Ausstellung in der Neuen Nationalgalerie greift diesen interaktiven Ansatz auf: Besucher können mit Repliken ihrer Werke in direkten Kontakt treten. Ergänzend dazu beleben regelmäßige Performances Clarks Konzept und machen ihre künstlerische Vision unmittelbar erfahrbar.
Die Schau bietet die Gelegenheit, eine bedeutende Künstlerpersönlichkeit des 20. Jahrhunderts neu zu entdecken und ihre unkonventionelle Kunstauffassung kennenzulernen. 

Clark zählt zu den einflussreichsten Künstlerinen des 20. Jahrhunderts. Ihr Ansatz, Kunst als sinnliche und interaktive Erfahrung zu begreifen, stellte die traditionelle Beziehung zwischen Werk und Betrachter grundlegend infrage. Sie verstand Kunst als lebendiges Phänomen, das über das rein Visuelle hinausgeht und weitere Sinne wie Fühlen, Riechen und Tasten einbezieht. 

Clark begann mit geometrisch-abstrakter Malerei, bevor sie reliefartige Werke schuf. Mit beweglichen Skulpturen ermöglichte sie den Betrachtern, die Form aktiv zu verändern und Kunst direkt zu erleben. Später entwickelte sie  Masken oder Anzüge, die die Wahrnehmung auf den gesamten Körper ausdehnten. In den 1960er-Jahren entstanden gemeinschaftsstiftenden Performances, die das Kunstwerk in soziale und therapeutische Prozesse einband.

Clarks künstlerisches Erbe inspiriert bis heute Generationen von Kunstschaffenden und erweitert die Definition dessen, was Kunst sein kann – ein Erlebnis, das aktiv gestaltet wird.

Ziel der Retrospektive ist die internationale Bedeutung von Clark für die Entwicklung der Kunst des 20. Jahrhunderts herauszustellen und sie einem breiten Publikum in Deutschland vorzustellen. Präsentiert wird die gesamte Bandbreite ihres Schaffens. In der gläsernen Ausstellungshalle wird ihr interaktives Werk dabei eine besondere Wirkung erzielen. Die Retrospektive versammelt rund 120 Leihgaben von internationalen Privatsammlungen und Museen, darunter die Pinacoteca do Estado de São Paulo, das Museu de Arte Moderna in Rio de Janeiro,sowie das Museum of Modern Art und die Cisneros Collection in New York.
In der Ausstellung werden zweimal wöchentlich verschiedene, von Lygia Clark konzipierte Performances aufgeführt. Neben einem vielfältigen Vermittlungsprogramm mit Führungen und Workshops für Familien, Schüler und Erwachsene wird die Ausstellung von einem umfangreichen Rahmenprogramm mit Lesungen, Konzerten und Performances begleitet. Im Rahmen der Ausstellung findet am 2. und 3. Oktober 2025 ein wissenschaftliches Symposium zu Lygia Clark im Ibero-Amerikanischen Institut statt.

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