Baulöwen mit Spielsteinen

Aktion „Prominenten-Bau“

Es gibt ein Brandenburger Tor, auf dem steht nicht die Quadriga. Ein kleiner Löwe stolziert auf seinem Dach. Darunter erscheinen die Säulen des Tores abwechselnd in braun-gelben Farben, dass der Gedanke an eine Giraffe oder an eine Safari aufkommt. Das Bauwerk ist nicht größer als eine Geburtstagstorte und aus Spielbausteinen zusammengesetzt. Geschaffen hat es die ehemalige Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) in den vergangenen Herbstwochen. Nun steht es ausgestellt auf einem hufeisenförmigen Tischaufbau mit vierzehn anderen Modellen im Foyer der Industrie- und Handelskammer Berlin (IHK), nahe der Caféteria. 

Während Schmidt, Schirmherrin der Aktion „Prominenten-Bau“, wegen des Bahnstreiks nicht dabei sein konnte, versammelte sich bei der Ausstellungseröffnung an einem Freitagnachmittag Mitte November eine bunte Schar Politiker, Sportler, Entertainer, Künstler und Unternehmer an den ebenso bunten und vielseitig gestalteten Architekturentwürfen. Es schien, als machten die Farben froh. In der weiten, hellen, transparenten und ästhetisch doch etwas kalten Eingangshalle wirkte das kleinteilige und detailreiche Nebeneinander der knalligen grünen, roten, blauen und gelben Steinchen und Gebilde wie ein Magnet für die Menschen: Da stehen die Fernsehturm-verwandten Skyscraper von Architekt Sergei Tchoban aufgetischt neben der generationenübergreifenden Wohnanlage von TV-Moderator Cherno Jobatey. Im Zukunftsquartier von Senator und Schirmherr Christian Gaebler stechen zwei Windkraftanlagen hervor, bei genauerem Hinsehen handelt es sich dabei um zweckentfremdete Sonnenschirme. Unter dem aufgestelzten Brückenhaus von Hochtief-Niederlassungsleiter Thilo Warlich arbeitet eine Wassermühle, und Tanja Wielgoß träumt von einem Fußballerinnenheim. 

 

Als Managerin des FC Viktoria 1889 Berlin steht sie mitunter vor der Aufgabe, für ihre Spielerinnen in Berlin eine Bleibe zu finden. Der Wohnort liegt dann oft sogar am anderen Ende der Stadt. So wohne zum Beispiel eine Spielerin in Köpenick. Zum Trainieren müsse sie dann den langen Weg zum Stadion nach Lichterfelde zurücklegen. Ideal ist das nicht, wenn man große Ziele hat wie Viktoria. Die dritte Liga, in der die Fußballerinnen spielen, soll bald Geschichte sein. „Wir wollen sie in die erste Liga bringen“, erklärt Wielgoß. Das „V“ aus dem Clubnamen Viktoria bildet in dem Legobau den Grundriss der Wohnanlage. Die zwei Flügel entspringen aus einem roten Eckstein, der auch der Grundstein ist. Die Idee dazu stammt von ihrem Sohn. Wielgoß‘ Kinder haben am Modell nicht nur mitgewirkt, sie waren begeistert von der Entwurfs-aufgabe: „Wir helfen dir, Mama.“ Auf der Hofseite, die die Anlage freigibt, findet sich auch das Clublogo. Ein Diversity-Herz in Regenbogenfarben steht aufgerichtet neben der Eingangstür. Das Team sei so divers. Die Spielerinnen kommen aus Holland, Spanien, Mexiko. Nur fehlt dem Viktoriaheim das Dach. Offen gibt die Bauherrin zu: „Da sind mir die Steine ausgegangen.“

Genau darum geht es. Was passiert, wenn der Bauwirtschaft die Steine ausgehen? Oder die Handwerker? Oder die Ingenieure? Die Aktion „Prominenten-Bau“ soll auf den Fachkräftemangel in der Bauwirtschaft aufmerksam machen. Es gibt ihn seit Jahrzehnten. Das Problem betreffe aber inzwischen alle Bereiche, sagt Senator Christian Gaebler und verschärfe sich, „bis wir am Ende nicht mehr handlungsfähig sind“. Wir müssten mehr zulassen und kreativer werden.
 

Ideengeberin für die Promi-Häuser ist Marion Uhrig-Lammersen:
„Mit dieser Aktion soll auf das Problem des Fachkräftemangels insbesondere in der Bauwirtschaft aufmerksam
gemacht werden.“

Wie zum Beispiel Lichtdesigner Andreas Boehlke. Wie Schmidt hat er ein Brandenburger Tor modelliert. Seine Version trägt eine Dachwohnung und Riesenkandelaber auf der Attika. Das Bauwerk ist – sogar mit Plastiksteinen – so schwer, dass es in die quadratische Baugrundlage einsinkt. So reißt es oben auseinander. Eifrig baut Boehlke, während andere Muffins essen und Kaffee trinken, sein Werk schrittweise zurück, dann sorgfältig wieder auf. So behebt der Bauherr am Ende das Statikproblem.

Ulla Schmidts Löwe auf dem Brandenburger Tor spielt übrigens auf die mysteriöse Löwin von Kleinmachnow an. Im Sommer hatte eine Hundertschaft der Polizei ganze Waldstücke abgesperrt, um die vermeintlich entlaufene Raubkatze einzufangen. Der Triumphzug durch die Mitte Berlins war dem Tier nicht vergönnt. Es wurde nie gefunden und später als Wildschwein entlarvt.
 

Information

Die Ausstellung ist im Kongress-Hotel in Potsdam zu sehen, später werden die Modelle bzw. die Bausteine an zwei Kitas verschenkt

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